BDSG a.F. Kommentare und Erläuterungen

§ 28 Datenerhebung und -speicherung für eigene Geschäftszwecke

Absatz 1 Text

(1) Das Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke ist zulässig,

  1. wenn es für die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen erforderlich ist,
  2. soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt oder
  3. wenn die Daten allgemein zugänglich sind oder die verantwortliche Stelle sie veröffentlichen dürfte, es sei denn, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung gegenüber dem berechtigten Interesse der verantwortlichen Stelle offensichtlich überwiegt.


Bei der Erhebung personenbezogener Daten sind die Zwecke, für die die Daten verarbeitet oder genutzt werden sollen, konkret festzulegen.

Allgemein zugängliche Daten (Nr. 3)

Nr. 3 erlaubt der verantwortlichen Stelle einen freien Umgang mit Daten,

"wenn die Daten allgemein zugänglich sind oder die verantwortliche Stelle sie veröffentlichen dürfte, es sei denn, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung gegenüber dem berechtigten Interesse der verantwortlichen Stelle offensichtlich überwiegt."


Grundlage dieser Regelungen - wie auch der Parallelvorschriften für in § 14 Abs. 2 Nr. 5 und § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 - ist die in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG garantierte Informationsfreiheit. Die Informationsfreiheit umfasst keine uneingeschränkte Freiheit zur Weiterbenutzung der Daten ohne Rücksicht auf das Persönlichkeitsrecht Betroffener. Dieses erfordert Beachtung, insbesondere was

  • die Richtigkeit der Angaben und
  • die Beachtung des Kontextes der Veröffentlichung angeht. Dementsprechend stellt Nr.3 den Umgang mit veröffentlichten und veröffentlichungsfähigen Daten unter den Vorbehalt der Beachtung offensichtlich überwiegender Interessen des Betroffenen.


Solche Interessen können z.B. vorliegen,

  • wenn Daten ohne Rücksicht auf einen sehr spezifischen Anlass ihrer Veröffentlichung verwendet werden,
    so dienen an Baustellen angebrachte Bauscheine dazu, für Haftungs- und Kontrollzwecke feststellen zu können, wer der Bauherr ist; die Nutzung für Werbezwecke ist damit unverträglich..
  • wenn der Kontext der Veröffentlichung nicht genannt und dadurch der Betroffene in ein falsches Licht gestellt wird, oder
  • wenn zahlreiche Daten zu einen Persönlichkeitsbild zusammen gestellt werden.


Allgemein zugänglich oder veröffentlichungsfähig

Allgemein zugänglich sind Daten, die dazu bestimmt und nach der Form ihrer Darbietung dazu geeignet sind, einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis Informationen zu vermitteln. Ob der Zugang nur gegen Entgelt gewährt wird, spielt dabei keine Rolle.


Angaben, die von der verantwortlichen Stelle veröffentlicht werden dürfen, stellt Nr. 3 den allgemein zugänglichen Daten gleich. Dabei wird vorausgesetzt,

  • dass die Daten grundsätzlich publikationsfähig sind und
  • dass der verantwortlichen Stelle die Berechtigung zur Publikation zusteht.

Dies trifft beispielsweise zu auf Angaben in Unterlagen, Dateien oder Aufzeichnungen, die bei einem Verlag, einer Rundfunkstation oder einem Internetunternehmen zur (rechtmäßigen) Veröffentlichung anstehen


Sind die Daten - genauer gesagt: die darin enthaltenen Informationen - irgendwo allgemein zugänglich, so ist der (weithin) freie Umgang mit ihnen eröffnet. Woher die verantwortliche Stelle die Daten konkret erlangt hat und ob sie aus der Primärquelle stammen, spielt keine Rolle.


Interessenabwägung

Das Gesetz verlangt auch bei öffentlich zugänglichen Daten eine Interessenabwägung. Es erleichtert diese jedoch, indem es die Verarbeitung und Nutzung nur blockiert, wenn schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen und „offensichtlich“ überwiegen.

"Offensichtlich" bedeutet, dass eine summarische Überprüfung genügt. Das Überwiegen der Interessen des Betroffenen muss für einen verständigen Dritten ohne weiteres ersichtlich sein. Das ist zum Beispiel bei einer Werbung bei Schülern für gesundheitsgefährdende Waren oder beim (auch wettbewerbswidrigen) "kalten" Telefonmarketing der Fall.


Die Erleichterung durch das Merkmal "offensichtlich" entbindet die verantwortliche Stelle nicht von einer angemessenen Sorgfaltspflicht, was die Sicherung der Richtigkeit - einschließlich der Aktualität - der Angaben betrifft. Ist für sie erkennbar, dass Daten eine relevante Fehlerquote aufweisen, so muss sie die Datenqualität mit umso höherer Sorgfalt prüfen, je größer die Risiken für die Betroffenen sind. Dazu kann es beispielsweise erforderlich sein zu überprüfen, ob Berichtigungen oder Gegendarstellungen erfolgt sind, und die betreffenden Daten entsprechend zu korrigieren oder zu ergänzen.


Beispiele für allgemein zugängliche Daten

  • Angaben in Massenmedien, wie
    • Zeitungen
    • Zeitschriften
    • Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen)
  • Angaben auf Internetseiten
  • Angaben auf/in an jedermann vertriebenen Datenträgern, wie
    • Büchern
    • CD-ROM-Dateien
    • Adress- und Telefonverzeichnissen
    • Dokumentationen
    • Ausstellungskatalogen
    • Flugblättern
  • Angaben in jedermann zugänglichen Registern, wie
    • Handelsregister
    • Vereinsregister
    • Genossenschaftsregister
    • Güterrechtsregister
    • Musterregister
    • Schiffsregister
    • Einwohnermelderegister nur für Daten, die in einer einfachen Melderegisterauskunft erhältlich sind


Beispiele für nicht allgemein zugängliche Daten:

  • Rundschreiben von Verbänden
  • Mitgliederlisten von Vereinen
  • Gesellschafterverzeichnisse
  • innerbetriebliche Informationsblätter
  • Register, bei denen, eine Einsichtnahme prinzipiell ausgeschlossen oder nur bei berechtigtem Interesse oder vergleichbaren Voraussetzungen zugelassen ist, wie
    • Bundeszentralregister
    • Verkehrsregister
    • Gewerbezentralregister
    • Grundbuch
    • Personenstandsbücher
    • Schuldnerverzeichnis
    • Einwohnermelderegister bezüglich Daten, die nicht mit einer einfachen Melderegisterauskunft erhältlich sind


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 § 28 BDSG a.F. Kommentar Absatz 1 Teil 2
 § 28 BDSG a.F. Kommentar Absatz 1 Teil 3

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Bundesdatenschutzgesetz


Dieser Text wurde aus dem Datenschutz-Wiki der BfDI übernommen. Bearbeitungen vor dem 16.April 2016 stehen unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland.