2 BDSG a.F. Kommentar Absatz 1: Unterschied zwischen den Versionen

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* die Wirtschaftsprüferkammer
* die Wirtschaftsprüferkammer
* die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und weitere Stiftungen
* die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und weitere Stiftungen
===Vereinigungen öffentlicher Stellen des Bundes (Abs. 1 Satz 1 letzte Alternative)===
====Regelungszweck und Anwendungsbereich====
Neben den einzelnen Behörden, Rechtspflegeorganen und anderen öffentlich-rechtlich organisierten Einrichtungen bezieht die Definition auch deren '''Vereinigungen''' mit ein, und zwar '''ungeachtet ihrer Rechtsform'''. Ist eine solche Vereinigung öffentlich-rechtlich organisiert, so ist sie schon deshalb eine öffentliche Stelle des Bundes. Das Gesetz bezieht aber auch privatrechtlich organisierte Vereinigungen mit ein. Die spezifische – überwiegend strengere – datenschutzrechtliche Verantwortung der öffentlichen Stellen soll auch dann Platz greifen soll, wenn mehrere öffentliche Stellen in einer gesonderten Organisation zusammenwirken und dafür, aus welchen Gründen auch immer, eine privatrechtliche Organisationsform gewählt haben.
Abs. 3  ist eine '''Spezialvorschrift''' für Vereinigungen des privaten Rechts, an denen sowohl öffentliche Stellen des Bundes als auch solche der Länder beteiligt sind (Bund-Länder-Mischvereinigungen). 
====Begriff der Vereinigung====
Der '''Begriff der Vereinigung''' ist weit auszulegen. Er umfasst sowohl Vereinigungen, bei denen sich die Willensbildung nach dem Anteil der Stimmen vollzieht, als auch solche, wo diese nach Anteilen erfolgt. Erfasst werden also <br/>
* rechtsfähige und nichtrechtsfähige ''Vereine'' (insb. Verbände)
* sonstige Organisationen mit körperschaftlicher Struktur
* '''Personengesellschaften''' (wie BGB-Gesellschaft, OHG und KG)
* '''Kapitalgesellschaften''' (wie GmbH und AG) <br/>
Auch Gesellschaften, bei denen der Bund oder eine Stelle des Bundes alle '''Anteile''' hält,  sind Vereinigungen im Sinne der Definition.
 
'''Stiftungen''' sind nach allgemeinem Sprachgebrauch zwar keine „Vereinigungen“. Da entscheidend aber nicht die Organisationsform, sondern die Beherrschung durch eine oder mehrere öffentliche Stellen des Bundes ist, sind neben bundesunmittelbaren Stiftungen des öffentlichen Rechts in entsprechender Anwendung des Begriffs „Vereinigung“ auch Stiftungen des privaten Rechts als öffentliche Stellen des Bundes einzustufen, wenn sie vom Bund beherrscht und zur Erreichung seiner spezifischen Zwecke eingesetzt werden. 
====Beherrschung durch den Bund====
Vereinigungen des privaten Rechts sind nur dann als öffentliche Stelle nach Abs. 1 zu qualifizieren, wenn sie von einer oder mehreren Stellen des Bundes '''beherrscht''' werden. Für den Fall der Mischvereinigungen stellt Abs. 3 ausdrücklich dar, dass eine Qualifikation als öffentliche Stelle „ungeachtet der Beteiligung nicht-öffentlicher Stellen“ erfolgt, wenn nur die anderen Voraussetzungen vorliegen. Dies gilt dem Regelungszweck entsprechendauch für Vereinigungen nach Abs. 1. 
Abs. 1 regelt nicht, welcher Grad an Einfluss bestehen muss, damit eine Vereinigung noch als „deren“ Vereinigung, d.h. als Vereinigung von öffentlichen Stellen des Bundes, angesehen werden kann. Entscheidend dafür ist, ob die öffentlichen Stellen des Bundes die Tätigkeit der Vereinigung '''in den wesentlichen Fragen steuern''' können, etwa dadurch, dass sie über eine absolute Mehrheit der Stimmen oder Anteile in den Entscheidungsorganen der Vereinigung verfügen.
Ein geringerer Anteil kann dann ausreichen, wenn die Beherrschung auf andere Weise gesichert ist, etwa
* durch einen Beherrschungsvertrag,
* überwiegende Mitgliedschaft von Funktionsträgern öffentlicher Stellen
* Wahrnehmung oder Kontrolle der Geschäftsführung durch eine Dienststelle der Bundesverwaltung 
* vollständige finanzielle Abhängigkeit vom Bund
Diese Auslegung entspricht § 104 Abs. 1 Nr. 2 BHO, wonach der Bundesrechnungshof die Haushalts- und Wirtschaftsführung einer juristischen Person des Privatrechts prüft, wenn „sie vom Bund oder einer vom Bund bestellten Person allein oder überwiegend verwaltet wird“.
Bei einer Stiftung ist darauf abzustellen, ob der Bund sich durch das Errichtungsgeschäft oder die Satzung den beherrschenden Einfluss auf die Geschäfte gesichert hat, z.B.
* durch die Befugnis, das oder die maßgeblichen Stiftungsorgane mehrheitlich zu besetzen oder
* durch eine anderweitige Möglichkeit den Lauf der Geschäfte wesentlich zu bestimmen.
====Öffentliche Aufgabe====
Eine privatrechtliche Vereinigung ist – ungeachtet des insoweit neutralen Gesetzeswortlauts – nur dann als öffentliche Stelle zu qualifizieren, wenn sie den '''spezifischen Zwecken''' der an ihr beteiligten öffentlichen Stelle(n) des Bundes dient und damit im weitesten Sinne an der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe teilnimmt.  Ausgeschlossen sind dagegen reine '''Finanzbeteiligungen''', also Beteiligungen, die in keinem Zusammenhang mit den spezifischen Aufgaben und Zielen der öffentlichen Stelle(n) des Bundes stehen.
Entscheidend ist, ob die Funktion tatsächlich als öffentliche Aufgabe wahrgenommen wird. Auf eine gesetzliche Aufgabenzuweisung kann es nicht ankommen. Ebenso wenig ist eine hoheitliche Form der Aufgabenerfüllung erforderlich.  Es muss allerdings stets eine öffentliche Aufgabe gerade der an der Vereinigung beteiligten Stelle(n) des Bundes sein, was bedeutet, dass es sich um eine staatliche Aufgabe handeln muss. Eine öffentliche Aufgabe in dem (weiteren) Sinne, dass ein Bezug zu den Belangen der Allgemeinheit genügt, so etwa wenn von der „öffentlichen Aufgabe der Presse“ gesprochen wird, genügt nicht; ebenso wenig genügt ein bloßer Gemeinwohlbezug.
Erforderlich ist nicht unbedingt eine direkte Teilnahme an der Ausführung einer öffentlichen Aufgabe, sondern es genügt ebenso die Mitwirkung an Hilfs , Neben- und Servicefunktionen, wobei die Mitwirkung auch in einer Unterstützung oder Förderung liegen kann.
Bei einer Stiftung kommt es darauf an, ob der Bund durch den '''Stiftungszweck''' seine spezifischen Aufgaben erfüllt oder Ziele verfolgt. War dies bei der Errichtung der Stiftung der Fall, so ist dies ein Indiz dafür, dass auch die Geschäftstätigkeit der Erfüllung von Aufgaben des Bundes dient. Auch das Bestehen eines Monopols indiziert den Bezug zu einer öffentlichen Aufgabe.
Welche öffentliche Aufgabe des Bundes durch eine privatrechtliche Vereinigung ausgeführt, unterstützt oder gefördert wird, spielt keine Rolle. Es kommen z.B. auch Aufgaben der Planung, der Erfolgskontrolle, der Untersuchung und Optimierung der Aufbau- und Ablauforganisation und der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit in Betracht. Die Aufgaben können auch an die Regierungsfunktionen anknüpfen. Entscheidend ist stets nur, dass es sich um die spezifischen Aufgaben der beteiligten öffentlichen Stellen des Bundes handelt.




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==[[:Kategorie:Online-Kommentare|Online-Kommentare]]==
==[[:Kategorie:Online-Kommentare|Online-Kommentare]]==
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[[§2 BDSG Kommentar|§1 BDSG Kommentar ]]<br/> [[§2 BDSG Kommentar Absatz 2|§2 BDSG Kommentar Absatz 2]]<br/>


[[§1 BDSG Kommentar]] | [[§3 BDSG Kommentar Absatz 1 Teil 1]]
[[§1 BDSG Kommentar]] | [[§3 BDSG Kommentar Absatz 1 Teil 1]]
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