Religionsgesellschaften: Unterschied zwischen den Versionen

K
Prüfung Bearbeitungsmöglichkeit
K (Prüfung Bearbeitungsmöglichkeit)
Zeile 1: Zeile 1:
== Kirche und Datenschutz ==
== Kirche und Datenschutz ==


Elektronisch gestützte Datenverarbeitung hat längst auch in den öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften Einzug gehalten. Die Erfüllung kirchlicher Aufgaben, von der Verwaltung der personenbezogenen Daten der Mitglieder (→ [[Kirchenmitgliederverwaltung]]), der Verwaltung von Personaldaten, bis zur Verwaltung teilweise hochsensibler Daten in den Beratungsstellen der Caritas und Diakonie ist ohne den Einsatz moderner Datenverarbeitungsverfahren nicht mehr denkbar. Hinzu kommt eine Vielzahl von Einrichtungen, insbesondere Krankenhäuser, Pflegeheime, Schulen und Kindertagesstätten, die ebenfalls tagtäglich mit personenbezogenen Daten umgehen müssen. Der Einsatz solcher Systeme trägt prinzipiell die gleichen Gefahren in sich, wie im staatlichen oder privatwirtschaftlichen Bereich (→ [[Recht auf informationelle Selbstbestimmung]]). Gerade den Kirchen wird aber ein hohes Maß an Vertrauen hinsichtlich eines „diskreten“ Umgangs mit diesen Daten entgegengebracht. Zudem fordert auch die Tradition des christlichen Glaubens, wie sie besonders im Beicht- und Seelsorgegeheimnis zum Ausdruck kommt, das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen, sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu schützen. Anders als im Staat werden dabei die Beziehungen zwischen den kirchlichen Dienststellen und den Mitgliedern nicht durch ein Verhältnis der Über- und Unterordnung geprägt, sondern durch Geschwisterlichkeit und die Gemeinschaft mit Christus.


Elektronisch gestützte Datenverarbeitung hat längst auch in den öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften Einzug gehalten. Die Erfüllung kirchlicher Aufgaben, von der Verwaltung der personenbezogenen Daten der Mitglieder (→ [[Kirchenmitgliederverwaltung]]), der Verwaltung von Personaldaten, bis zur Verwaltung teilweise hochsensibler Daten in den Beratungsstellen der Caritas und Diakonie ist ohne den Einsatz moderner Datenverarbeitungsverfahren nicht mehr denkbar. Hinzu kommt eine Vielzahl von Einrichtungen, insbesondere Krankenhäuser, Pflegeheime, Schulen und Kindertagesstätten, die ebenfalls tagtäglich mit personenbezogenen Daten umgehen müssen. Der Einsatz solcher Systeme trägt prinzipiell die gleichen Gefahren in sich, wie im staatlichen oder privatwirtschaftlichen Bereich (→ [[Recht auf informationelle Selbstbestimmung]]). Gerade den Kirchen wird aber ein hohes Maß an Vertrauen hinsichtlich eines „diskreten“ Umgangs mit diesen Daten entgegengebracht. Zudem fordert auch die Tradition des christlichen Glaubens, wie sie besonders im Beicht- und Seelsorgegeheimnis zum Ausdruck kommt, das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen, sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu schützen. Anders als im Staat werden dabei die Beziehungen zwischen den kirchlichen Dienststellen und den Mitgliedern nicht durch ein Verhältnis der Über- und Unterordnung geprägt, sondern durch Geschwisterlichkeit und die Gemeinschaft mit Christus.


== Unanwendbarkeit der Bundes- und Landesdatenschutzgesetze ==
== Unanwendbarkeit der Bundes- und Landesdatenschutzgesetze ==


Das [[Bundesdatenschutzgesetz]] (BDSG) und die Datenschutzgesetze der Länder beziehen die Kirchen nicht in ihren Regelungsbereich mit ein. Für das BDSG ergibt sich das aus {{bdsgl|1|2}}, der nur öffentliche Stellen des Bundes oder der Länder sowie nichtöffentliche Stellen als Verpflichtete nennt. Der Gesetzgeber respektiert damit das Selbstverwaltungsrecht, das den öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften nach Art. 137 Abs. 3 WRV [http://www.documentarchiv.de/wr/wrv.html#DRITTER_ABSCHNITT02] i.V.m. Art. 140 GG [http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_140.html] zusteht. Gleichzeitig wird vom BDSG, wie auch von den jeweiligen Landesgesetzen vorausgesetzt, dass die Kirchen ihrerseits ausreichende Regelungen auf dem Gebiet des Datenschutzes erlassen ({{bdsgl|15|4}} BDSG).
Das [[Bundesdatenschutzgesetz]] (BDSG) und die Datenschutzgesetze der Länder beziehen die Kirchen nicht in ihren Regelungsbereich mit ein. Für das BDSG ergibt sich das aus {{bdsgl|1|2}}, der nur öffentliche Stellen des Bundes oder der Länder sowie nichtöffentliche Stellen als Verpflichtete nennt. Der Gesetzgeber respektiert damit das Selbstverwaltungsrecht, das den öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften nach Art. 137 Abs. 3 WRV [http://www.documentarchiv.de/wr/wrv.html#DRITTER_ABSCHNITT02] i.V.m. Art. 140 GG [http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_140.html] zusteht. Gleichzeitig wird vom BDSG, wie auch von den jeweiligen Landesgesetzen vorausgesetzt, dass die Kirchen ihrerseits ausreichende Regelungen auf dem Gebiet des Datenschutzes erlassen ({{bdsgl|15|4}} BDSG).
Zeile 13: Zeile 12:


== Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ==
== Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ==


Im evangelischen Bereich ist der Datenschutz vor allem durch ein für alle Gliedkirchen und ihre Werke und Einrichtungen verbindliches Datenschutzgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (DSG-EKD)[http://www.ekd.de/download/dsg_ekd_2002.pdf] geregelt, das 1993 gemäß Art. 10 a der Grundordnung der EKD a.F. erlassen wurde und an die Stelle des seit 1977 geltenden Kirchengesetzes trat. Dieses 2002 novellierte Gesetz (ABl. EKD S. 381) gilt für den Datenumgang aller Behörden und sonstiger Dienststellen der evangelischen Kirche, für deren Gemeinden und landeskirchliche Verwaltungsstellen sowie für deren Werke und Einrichtung insbesondere im diakonischen Bereich (§ 1 Abs. 2). Seelsorgedaten stehen unter besonderem Schutz (§ 1 Abs. 4).
Im evangelischen Bereich ist der Datenschutz vor allem durch ein für alle Gliedkirchen und ihre Werke und Einrichtungen verbindliches Datenschutzgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (DSG-EKD)[http://www.ekd.de/download/dsg_ekd_2002.pdf] geregelt, das 1993 gemäß Art. 10 a der Grundordnung der EKD a.F. erlassen wurde und an die Stelle des seit 1977 geltenden Kirchengesetzes trat. Dieses 2002 novellierte Gesetz (ABl. EKD S. 381) gilt für den Datenumgang aller Behörden und sonstiger Dienststellen der evangelischen Kirche, für deren Gemeinden und landeskirchliche Verwaltungsstellen sowie für deren Werke und Einrichtung insbesondere im diakonischen Bereich (§ 1 Abs. 2). Seelsorgedaten stehen unter besonderem Schutz (§ 1 Abs. 4).
Zeile 20: Zeile 18:


Die datenschutzrechtliche Aufsicht über kirchliche Einrichtungen wird durch eigene Beauftragte wahrgenommen, die jeweils von den Mitgliedskirchen der EKD für ihren Bereich bestellt werden. Darüber hinaus hat die EKD für ihren eigenen Aufgabenbereich ebenfalls einen Datenschutzbeauftragten bestellt. Eine vollständige Liste der Datenschutzbeauftragten im Bereich der Evangelischen Kirche Deutschlands findet sich im Internet auf der Seite der EKD. [http://www.ekd.de/datenschutz/datenschutzbeauftragte.html]
Die datenschutzrechtliche Aufsicht über kirchliche Einrichtungen wird durch eigene Beauftragte wahrgenommen, die jeweils von den Mitgliedskirchen der EKD für ihren Bereich bestellt werden. Darüber hinaus hat die EKD für ihren eigenen Aufgabenbereich ebenfalls einen Datenschutzbeauftragten bestellt. Eine vollständige Liste der Datenschutzbeauftragten im Bereich der Evangelischen Kirche Deutschlands findet sich im Internet auf der Seite der EKD. [http://www.ekd.de/datenschutz/datenschutzbeauftragte.html]


== Katholische Kirche ==
== Katholische Kirche ==


Die Katholische Kirche hat in can. 220 CIC (Codex Iuris Canonici)[http://www.vatican.va/archive/DEU0036/__PU.HTM] ein Fundamentalrecht auf Schutz der Intimsphäre anerkannt und die Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen den Ortsbischöfen übertragen (can. 223 CIC)[http://www.vatican.va/archive/DEU0036/__PU.HTM]. Zur Schaffung eines einheitlichen Rechts sind die deutschen Bistümer einer Empfehlung der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz gefolgt und haben in ihren Diözesen einheitlich die »Anordnung über den kirchlichen Datenschutz« (KDO-2003) [http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/veroeffentlichungen/arbeitshilfen/AH_206.pdf] in Kraft gesetzt. Ihr Anwendungsbereich umfaßt alle kirchlichen Rechtsträger, also auch die in privater Rechtsform (z.B. Caritas). In gleicher Weise sind die »Anordnung über das kirchliche Meldewesen« (KMAO) [http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/veroeffentlichungen/arbeitshilfen/AH_206.pdf] und die »Anordnung über die Sicherung und Nutzung der Archive der Katholischen Kirche«[http://www.datenschutz-kirche.de/download/archiv.pdf] bundeseinheitlich geregelt worden. Die Ortsbistümer haben darüber hinaus zum Teil noch bereichsspezifische Regelungen für Krankenhäuser, Schulen und Friedhöfe geschaffen, die dem jeweiligen Landesrecht vergleichbar sind.
Die Katholische Kirche hat in can. 220 CIC (Codex Iuris Canonici)[http://www.vatican.va/archive/DEU0036/__PU.HTM] ein Fundamentalrecht auf Schutz der Intimsphäre anerkannt und die Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen den Ortsbischöfen übertragen (can. 223 CIC)[http://www.vatican.va/archive/DEU0036/__PU.HTM]. Zur Schaffung eines einheitlichen Rechts sind die deutschen Bistümer einer Empfehlung der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz gefolgt und haben in ihren Diözesen einheitlich die »Anordnung über den kirchlichen Datenschutz« (KDO-2003) [http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/veroeffentlichungen/arbeitshilfen/AH_206.pdf] in Kraft gesetzt. Ihr Anwendungsbereich umfaßt alle kirchlichen Rechtsträger, also auch die in privater Rechtsform (z.B. Caritas). In gleicher Weise sind die »Anordnung über das kirchliche Meldewesen« (KMAO) [http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/veroeffentlichungen/arbeitshilfen/AH_206.pdf] und die »Anordnung über die Sicherung und Nutzung der Archive der Katholischen Kirche«[http://www.datenschutz-kirche.de/download/archiv.pdf] bundeseinheitlich geregelt worden. Die Ortsbistümer haben darüber hinaus zum Teil noch bereichsspezifische Regelungen für Krankenhäuser, Schulen und Friedhöfe geschaffen, die dem jeweiligen Landesrecht vergleichbar sind.
Zeile 33: Zeile 31:


Die Rechte der Betroffenen auf Auskunft (§ 13), Benachrichtigung (§ 13a) und Berichtigung, Löschung oder Sperrung (§ 14) wurden entsprechend dem BDSG gestärkt. Die Rechte aus §§ 13, 14 können auch nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen werden (§ 5). Zur Geltendmachung ihrer Rechte können sie sich jederzeit an den Diözesandatenschutzbeauftragten wenden (§ 15). Eine vollständige Liste der Diözesandatenschutzbeauftragten findet sich im Internet auf der Seite des Beauftragten für die norddeutschen Bistümer. [http://www.datenschutz-kirche.de/anschriften.html]
Die Rechte der Betroffenen auf Auskunft (§ 13), Benachrichtigung (§ 13a) und Berichtigung, Löschung oder Sperrung (§ 14) wurden entsprechend dem BDSG gestärkt. Die Rechte aus §§ 13, 14 können auch nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen werden (§ 5). Zur Geltendmachung ihrer Rechte können sie sich jederzeit an den Diözesandatenschutzbeauftragten wenden (§ 15). Eine vollständige Liste der Diözesandatenschutzbeauftragten findet sich im Internet auf der Seite des Beauftragten für die norddeutschen Bistümer. [http://www.datenschutz-kirche.de/anschriften.html]


== Literatur ==
== Literatur ==


Claessen, Herbert: Datenschutz in der Evangelischen Kirche, 3. Auflage, Neuwied 2004
Claessen, Herbert: Datenschutz in der Evangelischen Kirche, 3. Auflage, Neuwied 2004
Zeile 52: Zeile 50:


Eine ausführliche Literaturliste findet sich auf der Seite des Diözesandatenschutzbeauftragten der norddt. Bistümer[http://www.datenschutz-kirche.de/literatur.html]
Eine ausführliche Literaturliste findet sich auf der Seite des Diözesandatenschutzbeauftragten der norddt. Bistümer[http://www.datenschutz-kirche.de/literatur.html]


== Weitere Informationen im Internet ==
== Weitere Informationen im Internet ==
Zeile 68: Zeile 67:
'''B. Katholische Kirche:'''
'''B. Katholische Kirche:'''


[http://www.datenschutz-kirche.de Internetangebot des Diözesandatenschutzbeauftragten] der norddt. Bistümer
[http://www.datenschutz-kirche.de Internetangebot des Diözesandatenschutzbeauftragten] der norddeutschen Bistümer


[http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/VDD/Datenschutzbeauftragte-Internetliste.pdf Datenschutzbeauftragte der (Erz-)Diözesen] (PDF)
[http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/VDD/Datenschutzbeauftragte-Internetliste.pdf Datenschutzbeauftragte der (Erz-)Diözesen] (PDF)


[[Kategorie:Religiöse Organisationen]]
[[Kategorie:Religiöse Organisationen]]
2.817

Bearbeitungen